Solothurn

Ein Leben für eine Metzgerei – 100 Jahre Familienbetrieb Schneider

Mit einem Fest feiert die Metzgerei Schneider in Gretzenbach am Samstag ihr 100-jähriges Bestehen. Der 72-jährige Fredy Schneider hat sein ganzes Leben in der Metzgerei verbracht und die Veränderungen in den letzten Jahrzehnten hautnah miterlebt.

Sie haben es geschafft. Denn es gibt sie noch, die Metzgerei der Familie Schneider. Während ringsherum zwar nicht alle, aber doch viele Lädeli verschwunden sind, hat sich der Familienbetrieb in Gretzenbach behauptet. Ein ganzes Jahrhundert lang. Heute wird dieses Jubiläum gebührend gefeiert.

Im Laden riecht es nach Fleisch. Ein enger Gang führt an der Theke vorbei in die Innereien des Gebäudes. Dort befindet sich ein kleiner Raum. Vollgestopft mit allerlei Krimskrams. Und einem Tisch. Ein Faxgerät lärmt im Hintergrund. Nicole und Fredy Schneider sitzen entspannt an diesem Tisch. Sie führt das Geschäft bereits in vierter Generation, er – ihr Onkel – hat es geführt. Mittlerweile ist er pensioniert, packt aber bei Gelegenheit nach wie vor mit an.

Sie entschieden, zu bleiben

Ganz entspannt sind die beiden. Denn das Geschäft läuft. Das sei nicht immer so gewesen, weiss Fredy Schneider zu erzählen: «Mein Vater – Häuptling haben wir ihn genannt – hat meinem Bruder und mir einmal gesagt: Wenn ihr Geld verdienen wollt, dann müsst ihr woanders Arbeit suchen. Ich kann euch nur den Minimallohn geben.»

Die beiden haben sich entschieden, nicht woanders Arbeit zu suchen. Sondern im Laden zu bleiben. Mit anzupacken. Sieben Tage die Woche. Ferien getrauten sie sich keine zu machen. «Dann hätte es sofort geheissen: ‹Der verdient wohl zu gut, wenn er Ferien machen kann.› Das hat sich, Gott sei Dank, geändert.»

Eine Salsiccia fürs Geschäft

Solche Geschichten hat Fredy Schneider viele zu erzählen. 72-jährig ist er. Weisses Haar, weisser Schnauz. Die Hände eines Handwerkers. Von der Einwanderungswelle der Italiener, weiss er etwa zu berichten. Viele von ihnen kamen auch ins Niederamt. Denn bei Bally in Schönenwerd gab es Arbeit. «Einmal kam ein Italiener in die Metzgerei», erzählt Fredy Schneider. «Er sagte zu meinem Vater: ‹Du machst uns jetzt Salsicce.›»

Eine Weile lang hätten die beiden dann am Rezept getüftelt, bis der Italiener schliesslich gesagt habe: «So. Genau so. Fünf Kilogramm davon. Morgen komme ich sie abholen.» Genau so machte der Vater die Salsicce, fünf Kilogramm. Und der Italiener kam die Würste abholen. Und verteilte sie in der Fabrik. «Seither verkaufen wir Salsicce wie blöd. Und immer noch mit demselben Rezept.»

Seit der dritten Klasse

Sein ganzes Leben hat Fredy Schneider in der Metzgerei verbracht. Ist dort aufgewachsen, zusammen mit seinem Bruder Rolf. Von der dritten Klasse an war er voll im Geschäft mit dabei. Hat morgens und abends Schweine im Stall gehütet. Und gemästet. «Damit hat man damals Geld verdient. Denn das Futter war fast gratis.»

Bis in die 90er Jahre haben sie selber Fleisch produziert. Dann stiegen die Futterpreise. Und aus dem Schlachthaus wurde ein Mehrzweckraum. Seither metzgen die Schneiders auch nicht mehr selber, das Fleisch wird eingekauft.

«Mein Vater sagte immer: ‹Jungs, es kehrt wieder›»

All diese Veränderungen hat Fredy Schneider hautnah miterlebt. Und noch viele mehr. Nicht immer nur zum Guten. «Mein Vater sagte immer: ‹Jungs, es kehrt wieder. Auch für die kleinen Metzgereien wird es wieder laufen. Aber nur für die, die es dann noch gibt.› Wir haben durchgehalten. Links und rechts haben wir immer wieder einen eingefangen. Jedes mal, wenn es aufwärts ging, kam der nächste Schlag. Aber wir haben durchgehalten.»

«Fast»

Ob er es denn nie bereut habe, diesen Weg eingeschlagen zu haben? «Fast», meint Fredy Schneider. «Meine Ehe ist fast daran zerbrochen.» Es könne nicht sein, dass er nur noch arbeite und schlafe, habe seine Frau ihm gesagt. Daraufhin ging er Ski kaufen. Und machte mit der Familie eine Woche Ferien auf die Bettmeralp. «Da merkte ich erst, was ich all die Jahre verpasst habe.» Danach ging die Familie 25 Jahre lang jeden Winter für eine Woche in die Skiferien.

Heute muss Fredy Schneider nicht mehr, er darf. Seine Nichte Nicole Schneider führt den Laden. Mit ihren eigenen Ideen. Sie macht Dinge auch mal anders als ihr Onkel. Doch mit Erfolg. «Es ist einfach nur schön», meint Fredy Schneider. «Ich bin stolz auf sie.»

Quelle: az Solothurner Zeitung
Datum: 04.05.2019, 04:00 Uhr

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Autor

az Solothurner Zeitung

Kategorie

  • Solothurn

Publiziert am

04.05.2019

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