Solothurn
Besucher lassen sich (nicht nur) von Gaumenfreuden mitreissen
Zum sechsten Mal ging der Solothurner Chästag über die Bühne. Bei heiteren Bedingungen wurde die Vorstadt mit 70 Marktständen und einem grosszügigen Rahmenprogramm zum Festivalgelände rund um den Käse.
Sie tragen abenteuerliche Namen: «Bärner Gring» «Blaues Wunder», «Hosenlupfkäse» (aus aktuellem Anlass?), «Änneli, alte Liebe» oder «Nonnenstolz» – und sie waren am Donnerstagdie Stars der Solothurner Vorstadt. Genauer: am sechsten Solothurner Chästag, der im Dreieck Dornacherplatz-Rossmarktplatz-Kreuzackerquai mit rustikalem Ambiente, Käseduft, dem Muhen der Kühe, den Chorklängen der Jodlerclubs und gesamthaft 70 Marktständen lockte.
Und so abenteuerlich wie die Produkte sind auch die Geschichten hinter jedem einzelnen Mutschli, hinter jeder einzelnen Käsekreation. So entstammt der «Nonnenstolz» einem Rezept der ehemaligen Rüegsauer Benediktinerinnen, wie am Stand der Dorfkäserei Sumiswald zu erfahren ist.
«Fast wie der Bumann»
Einer, der den Dingen rund um den Käse gerne auf den Grund geht und schon immer ging, ist Rolf Beeler. Der Maître Fromager gilt als Koryphäe und klappert mit kritischem Auge die einzelnen Käsestände ab, degustiert, diskutiert, bewertet und erzählt. Auf seinem programmierten Rundgang ist er mit Mikrofon bewaffnet – seine Fachmeinung schallt durch die Vorstadtgassen: «Fast ein bisschen wie Restauranttester Bumann», scherzt der Käseexperte und bleibt doch zurückhaltend mit kritischen Bemerkungen. Stattdessen beantwortet er die Frage aller Fragen – nämlich, wie die Löcher in den Käse kommen: Heupartikel und Propionsäurebakterien sorgen für Gaseinschlüsse – sie sind es auch, die dem Emmentaler seine Süsse verleihen.
Entzückt und gleichzeitig wehmütig ist Beeler, als er am Stand von Beat Marro einen Gruyère mit Einschlüssen entdeckt: «Es ist schade, dass die Löcher sonst immer weniger erwünscht sind», stellt er fest. Grundsätzlich setzt Beeler in seiner Arbeit als Händler und Entwickler einen Gegentrend zum grossindustriell produzierten Standardkäse. «Der Standardgeschmack ist das grosse Thema», sagt Beeler. Und so sei es richtig, dass kein Käse wie der andere schmeckt, ebenso wie es bei der alpinen Pflanzenvielfalt auch keine Wiese zweimal gibt oder sich ein Sommer genau gleich wiederholt. Damit erstaunt es nicht, dass die Grossverteiler seinen Geheimnissen auflauern, wie Beeler sagt. Für ihr eigenes Feinkost-Angebot halten sie ein Auge darauf, welche Wiesen und Käser er besucht.
«Luege, lose, gniesse»
Natürlich dient der Chästag nicht nur dazu, sich fachlich in die Geheimnisse der Produktion und Verfeinerung zu vertiefen. Der Anlass, organisiert vom gleichnamigen Trägerverein, bietet daneben natürlich auch Stimmung und Folklore – getreu dem diesjährigen Motto «Luege, lose, gniesse». Unter der Rubrik «Luege» zieht der traditionelle Alpabzug zur Mittagszeit vom Baseltor via Chronestutz zum Dornacherplatz viele Schaulustige an. Die angelaufenen grossflächigen Teerarbeiten auf dem Kreuzackerplatz werden dabei souverän um«schifft».
Und die zuweilen störrischen vierbeinigen Hauptdarsteller lassen sich zu guter Letzt doch noch an ihren Zielort bringen.
Autor
az Solothurner Zeitung
Kategorie
- Solothurn
Publiziert am
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www.sogenda.ch/VkK29t