Stadt Solothurn

Weststadt: Von der Mülldeponie zur Gartenstadt

Der Architekt, Journalist und Stadtwanderer Benedikt Loderer führte rund 40 Interessierte unter der sengenden Sonne vom Schulhaus Brühl zum Restaurant Lido – und durch die Geschichte des westlichen Stadtteils.

«Wir sind ein Bauernvolk und fürchten uns davor, dicht zu bauen. Obwohl das ökologisch sinnvoll wäre.» Benedikt Loderers Worte waren oft zynisch, meist lehrreich, und immer unterhaltsam.

Die Wohnfläche der Stadt Solothurn habe sich in den letzten 50 Jahren enorm vergrössert, erklärte er und präsentierte auf einem Stadtplan die überbauten Gebiete von damals und heute. Die Einwohnerzahl, indes, habe sich nicht verändert. «Ich will jetzt gar nicht fragen, wie viel Wohnraum Sie alle beanspruchen», stichelte er mit einem Augenzwinkern. «Aber dass Sie alle gegen Zersiedelung sind, da bin ich mir sicher.»

Der Schweizer Kompromiss

Städteplanerisch sei man in der Schweiz immer noch irgendwo zwischen der «Ville Radieuse», also grossflächig angelegten und klar gegliederten Block- und Hochhaus-Siedlungen, und der «Gartenstadt», einem Konzept, das in London entwickelt wurde. Letzteres basierte ursprünglich auf der Idee, kleinere, selbst erhaltende Städte um eine grössere Stadt herum zu errichten.

«Die Gartenstadt wurde aber von Anfang an ausgehöhlt», so Loderer. Denn anstatt selbst erhaltende Quartiere wurden Häuschen-Siedlungen gebaut, die ihre Infrastruktur noch immer in den zentralen Städten hatten, wie der Chefredaktor der Architekturzeitschrift Hochparterre erläuterte.

Anhand verschiedener Bauweisen in der Weststadt zeigte er, was man hierzulande aus den beiden Modellen gemacht hat. Und wie der daraus entstandene, typisch schweizerische Kompromiss aussieht. Wohnungen habe man dabei stets nach der Schweizer Familienideologie gebaut: «Mami, Papi und drei Kinder. Wobei die Kinder immer im Schulalter sind – und man das elterliche Schlafzimmer daran erkennt, dass sich an der einen Wand zwei Steckdosen etwa zwei Meter voneinander befinden.»

Die Hälfte ist nur ein Viertel

Nicht nur auf die Geschichte, sondern auch auf die Zukunft der Weststadt ging Loderer ein. So sprach er über die Nutzungsplanung «Weitblick» rund um die Westtangente, wo dereinst ein neuer Stadtteil entstehen soll, von dem heute allerdings noch nicht viel mehr bekannt sei als die Einteilung der Baufelder. «Hier heisst Stadtplanung, Alleen hinzustellen und den Rest offen zu lassen.»

«Wasserstadt»-Projekt verbessert

Ganz anders sehe es beim Projekt «Wasserstadt» aus, bei dem «alles schon bis auf drei Stellen nach dem Komma geplant scheint.» Auf dem Gebiet des «Stadtmists» stehend, erklärte Loderer, wo die Aareschlaufe durchfliessen wird. «Wir stehen hier eigentlich auf einer Insel. Unter uns der ‹Ghüder› von Solothurn.» Das zweite Projekt sei nun sehr viel schlauer und differenzierter als das erste, lobte er. Das Wohnen werde attraktiver, wenn jeder einen Anschluss an die Aare und Blick aufs Wasser habe.

«Gegen das Zentrum der Wasserstadt hin nimmt die Wohndichte zu. Und in diesem Zentrum wird es alles geben, was die Anwohner brauchen. Ob es funktioniert, werden wir sehen. Aber was hier entstehen soll, ist die Gartenstadt von heute.» Gleichzeitig mahnte Loderer aber auch: «Das Projekt müsst ihr ganz bauen können. Wenn ihr es nur halb baut, ist es lediglich ein Viertel wert.»

Und während die Teilnehmer des Rundgangs auf eine Erfrischung ins «Lido» pilgern, hält ein Velofahrer vor dem «Wasserstadt»-Plakat an und sagt zu seinen Freunden: «Dieses Projekt wäre der einzige Grund für mich, aus Zürich wegzuziehen. Das ist mega.»
Quelle: az Solothurner Zeitung
Datum: 27.08.2012, 20:21 Uhr

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Autor

az Solothurner Zeitung

Kategorie

  • Stadt Solothurn

Publiziert am

27.08.2012

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